Die Uhr in der Küche steht – egal, welche Uhrzeit sie gerade zeigt. Das ist nicht wichtig. Sie steht, der Minutenzeiger bewegt sich nicht mehr. Die Zeit hat aufgehört fortzuschreiten – irgendwann…
Nein, nicht irgendwann, sondern im Jahr 2000. Bis dahin lebte die letzte Bewohnerin, Theresia Milz, des Hofgut Milz hier. Ohne Zentralheizung, ohne Einbauküche, ohne Toilette im Haus – ganz einfach. So, wie die Menschen in der Region eben vor 100 Jahren in ihren Häusern lebten.
Zum ersten Mal erwähnt wird das Hofgut Milz im 9 Jhd. in einem Dokument des Klosters St. Gallen. Über Generationen wurde der Hof in der Familie weitergegeben. Bis Theresia Milz, die letzte Bewohnerin des Hofs, im Jahr 2000 verstarb. Eine tragische Geschichte: Kurz nach Beginn des zweiten Weltkriegs heiratete sie. Kurz darauf wurde ihr Mann eingezogen und fiel an der Front. Theresia Milz heiratete nicht mehr sondern lebte und betrieb den Hof mit ihrem behinderten Bruder. Nach ihrem Tod gab es nur noch entfernte Verwandschaft, die kein Interesse an der Hofanlage und der Landwirtschaft hatte. Es stand im Raum, dass die Erbengemeinschaft das Hofgut an einen Investor verkauft, der wahrscheinlich alle Gebäude niedergerissen und neue Wohnungen hier gebaut hätte.
Hier ergibt sich der glückliche Zufall, dass Bürger der Gemeinde Kressbronn und auch der Bürgermeister den historischen Wert der Hofanlage erkannten. Es wurde ein Verein zum Erhalt der Hofanlage Milz gegründet. Und glücklicherweise konnte sich dieser Verein mit der Gemeinde einigen. So blieb dieses einmalige Zeugnis der landwirtschaftlichen Geschichte am Bodensee erhalten.
Der Verein zum Erhalt der Hofanlage Milz hat sehr bedacht und sehr bewusst agiert. Des historischen Wertes bewusst, wurde fast alles genau so belassen, wie es zum Zeitpunkt des Todes der letzten Bewohnerin eben war. Die Geldbörse liegt noch auf Küchenschrank, die Hausschuhe stehen noch genau so, wie sie zuletzt standen. Im Schrank hängen noch die gleichen Kleider und das Bett ist so gemacht, wie es Theresia Milz zuletzt gemacht hatte.
Die Hofanlage zeigt eindrücklich die Geschichte der Landwirtschaft am Bodensee. Sie war eben immer wieder geprägt von der Notwendigkeit, wirtschaftlich zu sein. Anfangs wurde Getreide angebaut. Dann gab es Viehwirtschaft mit Schweinen, Kühen und Rindern. Dann kam der Obstbau – vor allem mit Streuobst und zuletzt der Hopfen, der in der Region verbreitet ist. Alle diese Bereiche der Landwirtschaft erschließen sich dem Besucher und jeder versteht nach einem Besuch, dass Landwirtschaft ein täglicher Kampf ums Überleben ist.
Dass diese so alles genau so erhalten geblieben ist, ist mit sehr vielen glücklichen Umständen verbunden. Deshalb findet sich die Hofanlage Milz natürlich auch im Buch “Glücksorte am Bodensee” in welchem sich noch einige mehr dieser Schätze am Bodensee finden.
Öffentliche Führungen durch die Hofanlage Milz gibt es in der Saison jeden Dienstag um 17 Uhr.
Mehr Infos dazu auf der Internetseite der Gemeinde Kressbronn