Es ist das kostbarste Stück der Stiftsbibliothek St. Gallen – der Klosterplan, vermutlich gezeichnet zwischen 819 und 826 n. Chr. Der Plan zeigt 52 Gebäude und zahlreiche Details und ist der älteste, erhaltene Bauplan des Abendlandes. Gezeichnet wurde dieser Plan auf der Insel Reichenau für das Kloster St. Gallen. Der Plan wurde wahrscheinlich als Planungsskizze für den Neubau bzw. der Neugestaltung des Kloster St. Gallen erstellt. Er zeigt die Ideal-Vorstellung eines Benediktinerklosters. Umgesetzt wurde dieser Plan nie. Doch seit 2013 gibt es ein Projekt der experimentellen Archäologie nahe der Stadt Messkirch, bei dem dieser Plan umgesetzt werden soll.
Wie wurden die Häuser gebaut? Welche Voraussetzungen waren für den Bau notwendig? Welches Baumaterial konnte verwendet werden? Welche Infrastruktur war notwendig? Diese und viele weitere Fragen versucht die experimentelle Archäologie zu beantworten. Wenn Archäologen etwas ausgraben, sehen sie Tatsachen. Sie entdecken einen Tontopf, Mauern, oder einen Abfallhaufen aus dem sich ableiten lässt, was die Menschen zu jener Zeit gegessen haben. Aber wie das Zusammenspiel der Menschen funktioniert hat, oder funktioniert haben könnte, welche Voraussetzungen es gab, damit dieses oder jenes überhaupt möglich war, das lässt sich aus Ausgrabungen alleine recht schwer klären.
Die experimentelle Archäologie ist ein Ansatz, solche Fragen zu beantworten. Dabei werden konkrete Fragen gestellt. Z.B. wäre dies zu jener Zeit überhaupt möglich gewesen?
Das Projekt Campus Galli
Das Projekt Campus Galli ist ein Projekt zur Nachbildung des mittelalterlichen Klosterplans des Klosters St. Gallen. Die Idee zu diesem Bauvorhaben hatte der Aachener Bert M. Geurten. Bereits zuvor gab es in Europa ähnliche Projekte wie das Burgbauprojekt im burgundischen Guédelon.
Nach der Suche nach Plätzen für dieses Projekt zeigte sich ein Gelände nahe der Stadt Messkirch als günstig und mit guter Nähe zum Bodensee. Als Starthilfe erhielt das Projekt rd. 1 Millionen Euro aus verschiedenen Quellen. Für das Projekt gibt es einen wissenschaftlichen Beirat, der den Bau begleitet. Die Handwerker, die hier tätig sind, tun diese hauptsächlich ehrenamtlich. Daher schreitet das Projekt nicht so schnell voran, als wenn der Bau tatsächlich in Auftrag gegeben worden wäre. Aber gerade dies macht es auch für die Besucher interessant. Über mehrere Jahre sind Schmid, Schindelmacher, Korbmacher, Drechsler, Töpfer und andere Hanwerke zu besichtigen.
Auch wenn hier der Plan eines Klosters umgesetzt wird, eine echte Kirche wird es hier nie geben – das hat der Gemeinderat bei der Genehmigung des Projekts festgelegt. Welche Kirche sollte es auch sein? Die Kirche aus der Zeit um 800 n. Chr.?
Für den Bodensee-Urlauber ist das Projekt ein tolles Ausflugsziel. Die Handwerker beantworten gerne die Fragen, die bereits hundertmal gestellt wurden.